Webinar "Digitales Schlüsselmanagement" & Case-Study BUWOG
Ist die Zukunft der Immobilienbranche schlüssellos?
Vor etwas mehr als einem Jahr hat unser – mittlerweile Partner - Wowflow ein Webinar veranstaltet, das großen Bedarf hinsichtlich digitaler Schlüsselverwaltung aufgedeckt hat. Eine der „Folgen“ war eine Digitalisierungslösung, die ESSECCA und Wowflow gemeinsam entwickelt und unter anderem bei der BUWOG implementiert haben.Die Case-Study zum BUWOG-Projekt wurde in unserem Webinar „Digitales Schlüsselmanagement: Ist die Zukunft der Immobilienverwaltung digital und schlüssellos?", das am 18.7.2022 stattgefunden hat, vorgestellt. Darüber hinaus haben wir folgende Fragen mit unserem virtuellen Podium diskutiert:
- Wie es generell um die Digitalisierung in der Branche steht und
- wie die Zukunft der Schlüsselverwaltung aussehen kann.
Unser virtuelles Podium
Ein großes Dankeschön gilt den Podiumsteilnehmer:innen, die uns und dem Publikum einen äußerst repräsentativen Brancheneinblick gewährt haben.
🎤 Helmut BAYERL, MBA | BUWOG Group GmbH | Abteilungsleiter Kaufmännische Immobilienverwaltung
🎤 Mag. Daniela FRÜHWALD, MSc | EHL Immobilien GmbH | Verwaltung WEG | stv. Bereichsleiterin
🎤 Rudolf HERMANN | Attensam West Hausbetreuung GmbH | Operativer Geschäftsführer
🎤 Bernhard HOFER| NV Immobilien | Geschäftsführer
🎤 DI Drazen IVANIS | Wowflow GmbH | Gründer, CEO
🎤 Michael REINER| ESSECCA GmbH | Chief Technology & Innovation Officer
🎤 Mag. Udo WEINBERGER, MSc | Udo Weinberger Immobilienverwaltung | Geschäftsführer | Vorstandsmitglied ÖVI
Zusammenfassung der Diskussion
Digitalisierung in der Immobilienverwaltung
Wir haben unsere Gäste gebeten, für den Grad der Digitalisierung der Schlüsselverwaltung in der österreichischen Immobilienverwaltungsbranche Punkte von 1 bis 10 zu vergeben.
Im Durchschnitt lag die Bewertung der Branchenvertreter:innen innerhalb des Podiums bei 4 Punkten. Man sah die dringende Notwendigkeit der Digitalisierung des Schlüsselmanagements, einerseits durch einen steigenden Effizienzdruck, andererseits aufgrund von Nachhaltigkeitsbestrebungen.
Die Einschätzung der Digitalisierungsbereitschaft in der Branche schwankte von „erst ganz am Anfang“ bis „auf einem guten Weg“. Als Hindernisse wurden verkannte Chancen der Digitalisierung aber auch Angst vor dem Umstellungsaufwand und den damit verbundenen Kosten gesehen. In einem waren sich alle Teilnehmenden einig: An der Digitalisierung der Schlüsselverwaltung führt kein Weg vorbei.
Digitale Schlüsselverwaltung bei der BUWOG
Der zündende Funke für die Entwicklung der Lösung für digitales Schlüsselmanagement entstand nach dem von Wowflow gehosteten Webinar unter dem Titel „Schlüsselverwaltung absichtlich vergessen oder einfach übersehen?“ Die wesentliche Erkenntnis des Webinars war die Frage: „Wo ist der Schlüssel gerade“, die oft nicht beantwortet werden konnte.
ESSECCA und Wowflow gingen im Rahmen von mehreren Workshops mit Branchenvertreter:innen den Problemen und Herausforderungen in der Schlüsselverwaltung auf den Grund. Analysen ergaben, dass große Immobilienverwaltungen oft mehrere Hunderttausend Euro pro Jahr an Personalaufwand in die Verwaltung mechanischer Schlüssel investieren.
Die Zeit war mehr als reif für eine digitale Lösung, die den Arbeitsalltag von Verwaltern erleichtert und Ressourcen spart.
Im Rahmen der Digitalisierungsoffensive beschäftigte sich die BUWOG mit der Digitalisierung des Schlüsselmanagements. Eine abteilungsübergreifende Projektgruppe wurde ins Leben gerufen, die sich mit den Systemanforderungen auseinandersetzte und die Ausschreibung vorbereitete. Die am Markt erhältlichen Standard-Lösungen stellten sich als starr und komplex in der Anwendung dar. Die BUWOG suchte nach einem Konzept, das auf ihre aktuellen Anforderungen zugeschnitten werden und zukünftig mitwachsen konnte und wurde bei ESSECCA und Wowflow fündig.
„Die Lösung von ESSECCA erwies sich als flexibles, sicheres und verlässliches System, das individuell auf die Bedürfnisse der BUWOG zugeschnitten wurde. Die Wowflow-Verwaltungssoftware überzeugte durch den logischen Aufbau, die Übersichtlichkeit und die Einfachheit in der Bedienung", so Helmut Bayerl
Herr Bayerl sieht den Erfolg des Projektes auch darin, dass sich die BUWOG intensiv mit der eigenen Organisation auseinandergesetzt und viele Überlegungen im Vorfeld angestellt hat. Die wesentlichen Vorteile sieht er darin: Da hier von unseren Bedürfnissen die Rede ist, nehme ich an, dass das Herr Bayerl von der BUWOG sagt, daher habe ich es unter Anführungszeichen gesetzt
Herr Bayerl sieht den Erfolg des Projektes auch darin, dass sich die BUWOG intensiv mit der eigenen Organisation auseinandergesetzt und viele Überlegungen im Vorfeld angestellt hat. Die wesentlichen Vorteile sieht er darin:
- Jederzeit zentral im System zu erkennen, wo der Schlüssel ist
- Lieferanten, die Schlüssel nicht zeitgerecht retourniert haben, werden automatisiert erinnert
- Ein zentrales Softwaresystem anstatt vieler
- Wenn der Schlüssel einmal angelegt wurde, ist aufgrund der Verplombung keine Manipulation mehr möglich
- Manueller Aufwand wird aufgrund der Automatisierung erheblich reduziert
- Aufgrund der Digitalisierung wird Papier gespart
- Reduktion der Fehleranfälligkeit im Gesamtprozess
- Rechte können jederzeit geändert werden
Ist die Zukunft der Immobilienverwaltung schlüssellos?
Mag. Udo Weinberger sieht es sehr positiv, dass die Digitalisierung auch im Bereich der Immobilienverwaltung stetig voranschreitet und findet, dass das Projekt bei der BUWOG aufzeigt, in welche Richtung es gehen wird. Einer schlüssellosen Zukunft im Privatbereich steht er jedoch skeptisch gegenüber, da Mieter:innen die Vorstellung haben, damit nicht mehr die komplette Kontrolle über den Zugang zu ihren Wohnungen zu haben. Darüber hinaus könne das schlüssellose Haus nur dann funktionieren, wenn auch Post oder Müllabfuhr die elektronischen Schlüssel übernehmen. Für die Fremdverwaltung von Liegenschaften müsse es darüber hinaus einheitliche Industriestandards geben, um Systeme verschiedener Hersteller zentral zu verwalten.
Bernhard Hofer sieht in der schlüssellosen Zukunft sehr viele Vorteile in der Verwaltung. Genauso wie Herr Mag. Weinberger sieht er einheitliche Industriestandards als wesentliche Voraussetzung für eine schlüssellose Immobilienverwaltung. Die Lösung des digitalen Bestandsschlüsselmanagements bei der BUWOG gefällt Herrn Hofer vor allem im Hinblick auf die „Suchkostenoptimierung“ sehr gut, sehr gerne würde er diese Lösung auch bei NV Immobilien einsetzen. Er ist fest davon überzeugt, dass es ein Mitwirken von Facility Managern, Property Managern und Bauträgern erfordert, um weitere Vorteile wie CO₂-Reduktion durch geringere Anfahrtswege und höhere Transparenz bei der Leistung von Professionisten zu erzielen.
Rudolf Hermann würde es aus der Sicht der Hausbetreuung sehr begrüßen, wenn es keine Schlüssel mehr gäbe und alles elektronisch wäre, weil dies viele Probleme für seine Branche lösen könnte. Attensam selbst setzt auf eine innovative, selbst in Auftrag gegebene Lösung, die alle überlassenen Schlüssel digital über eine hausinterne App verwaltet. Aufgrund der großen Distanzen, werden zusätzlich an Objekten kleine Schlüsselkästen angebracht. Oft wird die Aufgabe, Professionisten den Zutritt ins Haus zu gewähren, auf die Hausbetreuung übertragen. Damit sind große Herausforderungen hinsichtlich der Sicherheit verbunden. Ein komplettes Verschwinden mechanischer Schlüssel sieht Herr Hermann nicht, etwa für die Feuerwehr oder Liftbetreuung.
Mag.Daniela Frühwald sieht in einer kompletten Umstellung auf elektronische Schlüssel erhebliche Vorteile für die Hausverwaltung. Man würde sich einen sehr hohen Administrationsaufwand ersparen, Wege würden sich verkürzen, Arbeiten durch Professionisten könnten schneller organisiert werden. Sie ist jedoch skeptisch, dass elektronische Schlüssel im persönlichen Lebensbereich Einzug finden werden. Aus ihrer Erfahrung weiß sie, dass Mieter:innen und Eigentümer:innen elektronischen Schlüsseln gegenüber weniger aufgeschlossen sind. Für die elektronische Zutrittsverwaltung der allgemeinen Bereiche im Gebäude sieht sie jedoch großes Potential. Als wichtigstes Kriterium für eine Verbreitung elektronischer Schlüssel sieht Frau Frühwald die Investitionskosten bzw. die damit verbundene Kosten-Nutzen-Rechnung.
Helmut Bayerl stimmt in allen wesentlichen Punkten seinen Vorredner:innen zu und sieht im Neubaubereich viel Potential für elektronische Systeme für allgemeine Türen. Eine Umstellung auf Elektronik an der Wohnungstür sieht er ebenso mit Skepsis. Insbesondere bei Bestandsobjekten sieht er viele Herausforderungen, solange verschiedene elektronische Lösungen nicht über einen einheitlichen Standard administriert werden können.
Fragen aus dem Publikum und innerhalb des Podiums
Wie kann man sich einen Offline-Beschlag vorstellen? (Publikum)
Michael Reiner: „Einen Offline-Beschlag kann man sich wie einen mechanischen Beschlag vorstellen, in dem Elektronik verbaut ist. Bei einer Nachrüstung kann der mechanische Zylinder bestehen bleiben und wird durch die Elektronik ergänzt. Somit können sowohl mechanische (Schlüssel) als auch elektronische Medien (Handy, Chip, Karte) verwendet werden. Offline-Beschläge sind eine günstige Lösung, um eine Tür zu „elektronisieren“, wobei die Möglichkeit einer Notöffnung über die Mechanik erhalten bleibt.
Wer zahlt die Umrüstung im Altbestand bei Fremdverwaltung? Was sind die Kosten und Nutzen? (Publikum)
DI Drazen Ivanis: „Eine Umrüstung auf elektronische Zutrittsverwaltung kann als Verbesserungsmaßnahme betrachtet werden, ähnlich wie eine Fassadenrenovierung. Das bringt auch Vorteile der Automatisierung für die jährliche Instandhaltung und durch automatische Vergabe von Zutrittsberechtigungen.“
Mag. Udo Weinberger: „In Bestandobjekten werden diese Art von Kosten in der Regel von Immobilieninhabern getragen werden, außer die Hausverwaltung übernimmt die Kosten, weil sie dadurch wesentliche Vorteile für die eigene Arbeit sieht. Die Realität ist jedoch, dass 20 % der Professionisten vorweg Schlüssel bei der Hausverwaltung abholen, 80 % läuten einfach an und irgendwer macht ihnen schon auf. Auch kriminalpolizeiliche Beratungsdienste bestätigen, dass die Haustüre keine Hürde ist. Wenn dafür ein paar Hundert Euro pro Zylinder in die Hand genommen werden müssen, geht die Kosten-Nutzen-Rechnung wahrscheinlich nicht so einfach auf.“
Wie genau funktioniert die Zutrittsberechtigung? Können elektronische Keys transferiert werden, ohne dass die Hausverwaltung es mitbekommt? Können Keys dupliziert werden? (Udo Weinberger)
Michael Reiner: „Der Verwalter sendet einen Link, der zum Zutritt der jeweiligen Tür für z. B. einen Tag berechtigt. Danach ist der Link nicht mehr benutzbar, diesen Link kann man aber auch jederzeit wieder sperren. ESSECCA arbeitet an einer kombinierten Lösung für die Wohnungstüre, wo elektronische Verwaltungstools genauso wie mechanische Schlüssel etwa nach einem Leerstand an Mieter zur Selbstverwaltung übergeben werden können. Dies führt bei Mietern zu dem Vorteil, dass sie, wenn sie z. B. auf Urlaub fahren und jemanden brauchen, der sich um ihre Haustiere kümmert, der Person einen elektronischen Schlüssel für eine begrenzte Zeit senden können.“
DI Drazen Ivanis: „In der Praxis wird es so funktionieren, dass der elektronische Schlüssel auf ein Unternehmen ausgestellt wird. Das Unternehmen erhält ein Aktivierungs-E-Mail mit einem Link. Erst durch die Eingabe der Handynummer wird der elektronische Schlüssel aktiviert. Dann wird ein Aktivierungscode über SMS an das entsprechende Handy verschickt. Die E-Mail mit dem Link verliert danach ihre Gültigkeit, weil der Link nur einmal aktiviert werden kann.“
Michael Reiner: „Zusammengefast bietet ein elektronisches System weit höhere Sicherheit als ein mechanisches. Bei einem mechanischen Schlüssel hat man keine Kontrolle, was nach der Ausgabe damit passiert. Bei einem elektronischen Schlüssel kann man jederzeit nachvollziehen, wer bzw. mit welcher Telefonnummer zu welcher Zeit die Türe geöffnet wurde.“
Werden die Neubauprojekte der BUWOG mit elektronischen Zutrittssystemen ausgestattet? (Publikum)
Helmut Bayerl: „In Neubauprojekten der BUWOG werden zum Teil allgemeine Teile mit elektronischen Zutrittssystemen ausgestattet.“
Welche Haftungen müssen Dienstleister wie zum Beispiel Attensam mit den Schlüsseln übernehmen? (Drazen Ivanis)
Rudolf Hermann: „Die Haftungsthematik ist immer eine große Streitfrage. Gerade bei Einbrüchen in WEGs ist oft die erste Aussage, der Hausbetreuer hätte den Schlüssel stecken lassen oder vergessen abzuschließen. Damit ist ein riesiger Aufwand verbunden und wir müssen darlegen, dass wir damit nichts zu tun haben. Wenn bei Gebäuden Schlüsseltresore installiert sind und der Hauseigentümer uns bittet, den Schlüssel an einen Professionisten auszugeben, verlieren wir in diesem Augenblick die Kontrolle über den Schlüssel. Bis dahin wird die Schlüsselübergabe elektronisch über unser System dokumentiert. Wir hatten bereits Situationen, wo wir auf unsere Kosten ganze Schließanlagen austauschen mussten, das ist ein großer Kostenfaktor für uns. Wir müssen uns gegen dieses Risiko versichern.“
Wie lange hält die Batterie von einem Offline-Zylinder? (Helmut Bayerl)
Michael Reiner: „Je nach Komponente zwischen 40.000 und 120.000 Öffnungen. Im Durchschnitt kann man von mehreren Jahren ausgehen. Verbaut werden drei AAA-Batterien. Der Preis für die Komponente und die Installation beträgt zwischen 500 und 1.000 Euro. Bei einem Neubauprojekt liegen die Kosten eher bei 500 Euro, da die Türe nicht umgebaut werden muss, was nicht viel mehr ist als bei einem mechanischen Zylinder. Der Vorteil ist, dass man mit einem System sowohl Bestands- als auch Neubauprojekte verwalten kann.“
Sind die Offline-Systeme, read and write Systeme? Wird es automatisch auf den Türöffner übertragen, wenn ein Schlüssel neu programmiert wird? (Rudolf Hermann)
Michael Reiner: „Das stimmt, die Berechtigung zum Zutritt liegt in diesem Fall nur auf der Zutrittskarte, dem Handy oder einem Chip. Der Zylinder bzw. der Beschlag weiß lediglich, welche Türnummern er hat. Das kann mit einem positiven Virus verglichen werde. Wenn ein Schlüssel verloren geht, wird die Info, dass dieser gesperrt ist, von jedem der die Berechtigung hat, übertragen. Sobald die erste berechtigte Öffnung erfolgt ist, sperrt der verloren gegangene Schlüssel nicht mehr.